Für jeden Autofahrer der Moment, in dem der Gedanke: !Ach Du Sch…reck! oder !Das hat mir gerade noch gefehlt! durch den Kopf rauscht. Die Vollsperrung einer Autobahnstrecke.
Nun gibt es ungeplante Vollsperrungen und planungsbedingte Vollsperrungen. Der ungeplanten Vollsperrung liegt meist ein Unfall mit Gefahrensicherung zu Grunde – sehr unschön und auch sehr traurig.
Die planungsbedingte Vollsperrung der Fahrbahn heißt fachlich „SPERRPAUSE“ und bedeutet für diejenigen, die hier für die Planung und Durchführung verantwortlich sind, ein Höchstmaß an Konzentration, Sachverstand und Präzision in der Zusammenarbeit mit den ausführenden Gewerken.
Der Brückeneinschub der neuen 1.200-Tonnen schweren Stabbogenbrücke für die zukünftigen Hochgeschwindigkeitszüge der Bahnstrecke Bamberg-Nürnberg rechtfertigt diese Sicherheitsmaßnahme zur Genüge.
Am Samstag, den 25. September wird der Kraftfahrzeugs Verkehr der A 73 zwischen Forchheim Nord und Hirschaid ausgeleitet; einfach ausgedrückt: Umleitung!
Weder „unter rollendem Rad“, wie der Bahnspezialist sagt, noch „unterlaufendem Verkehr“, wie es im Schnellstraßenbau bekannt ist, ist der Austausch einer Stahlkonstruktion in diesem kolossalen Ausmaß auch nur denkbar.
Jetzt heißt es Hand in Hand arbeiten unter Hochleistung. Nichts darf dem Zufall überlassen sein – acht Stunden Nachtarbeit mit voller Konzentration, denn der Brückeneinschub ist Millimeterarbeit; ist die Blüte der Ingenieurskunst.
SPMTs – gigantische Hubwagen
Vor dem Ereignis werden die SPMTs in Position gebracht. Dazu wird die dreispurige A 73 auf eine Fahrspur verengt – die SPMTs benötigen allein für die Transferfahrt beinahe zwei der zur Verfügung stehenden Fahrspuren. SPMTs (Self-Propelled Modular Transporter) sind riesige Hebe- und Fahrvorrichtungen. Plattformen mit 20 Achsen und hydraulischer Hebesteuerung mit „Feinmotorik“ für die benötigte Einhebung des eleganten Brückenbauwerkes.
Mit eingeläuteter SPERRPAUSE, pünktlich um 17:30 h, läuft gegen 18:00 h die Baustelle schon wie ein Uhrwerk. Die Mittelplanken werden demontiert, der Sand des Mittelstreifens ausgehoben und aus Verkehr- und Gegenverkehrsstrecke wird ein Ganzes. Die A 73 wird gesichert: mit Schotter überzogen und verdichtet und zu guter Letzt mit dicken Stahlplatten abgedeckt, um vor Straßenschäden zu schützen und gleichzeitig einen dichten tragfähigen Untergrund für das Vorhaben zu stellen.
Nach nur zwei Stunden Rüstzeit setzt sich der erste modulare Transporter unter die neue Eisenbahnbrücke. Die Feinst Justage allein für diesen Arbeitsschritt benötigt eine Stunde Teamarbeit. Mit einem halben Stundenkilometer beginnt die Einleitung des Brückeneinschubs des eleganten Brückendesigns der Bogenbrücke, die schon am Sonntagvormittag dem wieder freigegebenen Autoverkehr eine Augenzier ist und gleichzeitig eines der markantesten Bauwerke der Region. In der Nacht sind rund 70 Bauarbeiter, Ingenieure, Feinjustierer und Bauoberleiter non Stopp mit dem Gelingen dieses Megavorhabens, dem Einschub der Stabbogenbrücke und dem folgenden Rückbau der Schutz- und Rüstmaßnahmen ununterbrochen beschäftigt. Pausen diktiert die gelegentliche Erschöpfung und vielleicht ein kurzes aufklärendes Gespräch bei einem kurzen Kaffee mit den vielen nächtlichen Zaungästen, die aus der weiten Umgebung angereist sind, um dieses seltene Schauspiel zu erleben.
Das Bestandsbauwerk
Jetzt heißt es bis Ende 2022 den Gleisanschluss und dessen Verdrahtung herzustellen. Bis dahin wird das Bestandbauwerk Rückgebaut und eine zweite Stabbogenbrücke auf der westlichen Seite eingeschoben. Der zweite Überbau erfolgt durch den einleitenden Abriss im Mai 2022 und mündet in den zweiten Akt des Schauspiels „Brückeneinschub“ im Oktober 2022. Für uns CONFIDO Ingenieure bleibt es spannend!
Für die Straßenverkehrsteilnehmer zukünftig ein erhabener markanter Anblick.
Für die Zukunft der bahnfahrenden bedeutet dieses gigantische Bauwerk Sicherheit und Hochgeschwindigkeit und damit eine deutliche Steigerung der Attraktivität der Bahnstrecke Nürnberg-Bamberg.
Viergleisiger Ausbau der ICE-Schnellstrecke der Bahn
Als Teil des Projektes „Deutsche Einheit“ ist hier ein nächster Meilenstein des Ausbaus der Strecke zwischen München und Berlin erreicht. Die Fertigstellung des Abschnittes Ende kommenden Jahres wird mehr Streckenkomfort erreicht. Gleichzeit senken sich die Fahrgeräuschbelastungen und die Fahrzeit wird deutlich verkürzt.
2025 wird mit dem Abschluss der Ausbauarbeiten gerechnet, um dann eine hochmoderne, sichere und leisere Hochgeschwindigkeitsstrecke mit deutlich höheren Kapazitäten im Personenfernverkehr und Güterverkehr zu erreichen. Engpässe sind dann Geschichte.
Die SPERRPAUSE – ein spannungsgeladenes Ereignis mit einem „Spitzerl“ Abenteuer-Duft.
Fotomaterial ©CONFIDO INGENIEURE